Immer wieder ein Aha-Erlebnis: der Blick auf die „Hausvulkane“ von Mexiko-Stadt. Vor allem, wenn sie so wie heute sich in weißer Pracht präsentieren. Oder in der Abendsonne klar sichtbar sind.
40 bis 60 Kilometer Luftlinie entfernt thront der 5400 Meter hohe Popocatépetl zwischen den Großstädten Mexiko-Stadt und Umgebung (ca. 22 Millionen Einwohner), Puebla (VW-Werk, ca. 2,7 Millionen Einwohner mit Umgebung) und Cuernavaca (340.000 Einwohner).
An vielen Tagen ist er – so wie sein benachbarter Zwillingsbruder, der Iztaccíhuatl (was eigentlich „schlafende Prinzessin“ bedeutet) – wegen Luftverschmutzung, Diesigkeit oder schlechtem Wetter nicht sichtbar. Umso erfreulicher, dass sie derzeit praktisch jeden Tag erkennbar sind.
Manchmal sieht man dann auch, wie eine Rauchwolke nach oben steigt – der Popocatépetl ist ein aktiver Vulkan. Wegen seiner Nähe zu so vielen dichtbesiedelten Wohngebieten wird er permanent überwacht, Webcams übertragen live den Status. Von Mexiko-Stadt aus gesehen sind die Vulkane vor allem am frühen Morgen, wenn die Sonne hinter ihnen aufgeht, und am Abend (wenn sie vom Sonnenlicht angestrahlt werden) zu bestaunen.
Rauchender Krieger
Der Legende nach war Popocatépetl ein aztekischer Krieger (mehr dazu in diesem Blog-Beitrag), der von den Göttern in einen rauchenden Vulkan verwandelt wurde, um auf die geliebte Prinzessin (=Iztaccíhuatl) aufzupassen. Gestern Abend müssen die Götter jedenfalls guter Laune gewesen sein: Der Popocatépetl erstrahlte im Glanz der untergehenden Sonne. Wow, denkt der Betrachter.
Heute Morgen erinnerten beide Vulkane (übrigens die zweit- und dritthöchsten Berge Mexikos) dann daran, dass wir uns wir uns auch in Mexiko derzeit im Winter befinden. Die Berge zeigten sich schneebedeckt, majestätisch thront der Popo am Horizont.
Der Winter hier lässt sich übrigens nicht ganz mit den europäischen „Arktis“temperaturen vergleichen. Da Mexiko-Stadt auf rund 2500 Metern Höhe liegt, sind die Morgenstunden hier zwar frostig bis (derzeit) eisig kalt. Es gibt auch keine Heizungen in den Häusern wie in Deutschland. Und in den sechziger Jahren hat es an einem Januartag mal sogar geschneit. Ein paar Stunden später aber klettert das Thermometer in der Regel auf 20 bis sogar 30 Grad, im Pullover hält man es dann nicht aus …
Ich glaub, das letzte Mal habe ich die Vulkane schneebedeckt vor fast genau 17 Jahren erlebt, beim ersten Aufenthalt in Mexiko, auch an einem Januartag. Und ich erinnere mich, wie die Zeitungen am Tag danach mit den Bildern der schneebedeckten Vulkane – noch dazu unter einem blauen Himmel – aufmachten. Was für ein Spektakel … hier das Foto aus meinem Archiv:
Sperrzone rund um den Popocatépetl
Ganz so klar ist die Sicht heute nicht. Für den Nachmittag ist zudem Regen angekündigt (Update: der ab 17 Uhr auch einsetzte). Und von der Ostseite, von Puebla aus, ist der Blick auf die Vulkane, eingetaucht in das glänzende Licht der Morgensonne, nochmals schöner. Aber den Popocatépetl so wie an diesem Morgen zu erleben ist schon ein Geschenk genug.
Bleibt nur zu hoffen, dass er nicht herumspukt. Kleinere Ausbrüche gibt es immer wieder seit den neunziger Jahren, die Möglichkeit einer größeren Eruption ist also gegeben. Rund um die Vulkane weisen zum Beispiel Warnschilder auf Evakuierungsrouten hin. Ab und an klettern aber todesmutige Bergsteiger trotzdem hoch und posten ihre Videos auf Youtube. Erlaubt ist es nicht, der Aufstieg zum Vulkan ist seit Jahren untersagt. Zu gefährlich. Aber die für die Vulkanbeobachtung zuständige Behörde CENAPRED („Centro nacional de prevención de desastres“) veröffentlicht immer wieder Aufnahmen aus Überflügen, so wie das hier.
Sperrung wegen Corona
Übrigens: So detailliert wie auf den Fotos oben sieht man die Riesen und (im Fall des Abendbildes) ihre Bergflanken natürlich auch aus der Nähe, im Nationalpark rund um beide Vulkane. Die Fahrt dorthin dauert etwa ein bis eineinhalb Stunden, und es lohnt sich: Von einem Parkplatz zwischen den beiden Giganten verlaufen Wanderwege an und hoch zum Iztaccíhuatl – den Aufstieg sollten Ungeübte wie ich aber nur in Begleitung von erfahrenen Wanderern angehen. Ich hab es einmal bis zum ersten (kleinen) Gipfel erschafft, weit unterhalb der einstigen Bergspitzen. Schon da machte sich die Höhenluft deutlich bemerkbar.
Leider ist der Park derzeit wegen der Corona-Pandemie und der kritischen Situation rund um Mexiko-Stadt vor Kurzem für Besucher gesperrt worden – nachdem er erst im November nach über sieben Monaten Sperrung wiedereröffnet worden war. Die Gelegenheit hatten wir natürlich zu einem Besuch genutzt, das gibt es hier bald zu lesen. Miguel Castro/voyyestoy.com
Ich erinnere mich auch an besonderen Tage, wenn wir den Popo sehen konnten. Wir wohnten in Escandon und waren noch nicht so mit der Umgebung Mexico’s vertraut. Ich wachte auf, sah aus dem Fenster (6.piso) und war vom unerwarteten Anblick fasziniert. Concha, unsere muchacha, erzählte mir dann, dass dort Götter wohnten, die aber uns “Fremde” nicht gern sehen wollten. Wir aber wollten ihn sehen aus verschiedenen Richtungen und auch vom Flieger aus Nicaragua kommend hat er mich dann doch begrüßt. – Erinnerungen