Der deutsche Bundespräsident ist zu einem Kurzbesuch in Mexiko. Einen Tag davon ist er in Mexiko-Stadt – zu kurz eigentlich für diese Metropole. Aber wenn es nicht länger möglich ist: Diese Highlights wären einen (zumindest kurzen) Besuch wert. Und manche davon sucht auch das deutsche Staatsoberhaupt auf.

Mal eben rüber nach México fliegen – das hat Frank-Walter Steinmeier gemacht. Zusammen mit einer Delegation ist er am Montagabend in Mexiko-Stadt gelandet (nur wenige Stunden nach dem jüngsten 19-September-Erdbeben). Am Dienstag stehen mehrere Termine an. Am Mittwochmorgen geht es dann zunächst ins Goethe-Institut, zu einem Treffen mit Menschenrechtsaktivisten über die vielen verschwundenen Menschen in diesem Land – und danach kurz ins 600 Kilometer entfernte Guadalajara, wo er noch am gleichen Abend wieder in den Flieger nach Berlin steigt.

Staatschefs beim morgendlichen Empfang –
mit zunächst der mexikanischen, dann der deutschen Nationalhymne

Es ist nicht Steinmeiers erste Reise nach Mexiko-Stadt – Jahre zuvor war er als damaliger Außenminister hier bereits gewesen. Und sein jetziger Besuch war schon für 2020 geplant gewesen, doch die beginnende Corona-Pandemie durchkreuzte den Plan. Nun also ein Tag Mexiko-Stadt: Morgens war laut offiziellem Programm erst eine Kranzniederlegung vorgesehen am Denkmal für die “Niños Heroes”, offiziell Vaterlandsaltar (Altar a la patria) genannt. Dann ein Treffen mit deutschen Unternehmern und ein Empfang im Nationalpalast beim mexikanischen Amtskollegen Andrés Manuel López Obrador.

Offizielles Porträtfoto Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident von Deutschland
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier,
Foto: Bundesregierung /Steffen Kugler

Von dort war eine Stippvisite zum angrenzenden Ruinenfeld des aztekischen Templo Mayor geplant, bevor es weiter ins ebenfalls fußnahe Rathaus gehen sollte. Hier wird Steinmeier die Ehrenbürgerschaft von Mexiko-Stadt verliehen. Anschließend war laut Programm im mexikanischen Oberhaus, dem Senat, eine Rede des Bundespräsidenten vorgesehen (könnt ihr hier abrufen). Der Abend war dann noch für eine Führung durch das Museum für Anthropologie (Museo nacional de antropología) reserviert.

Ein volles Programm also – aber mit dem erwähnten Ruinenfeld, Museum plus Nationalpalast hat der Bundespräsident schon mal drei Highlights von Mexiko-Stadt auf seiner To-Do-Liste. Und wäre da noch etwas mehr Zeit, er oder jeder Eintagesbesucher hätte auch folgende Ziele zur Auswahl. Eine kleine subjektive Liste:

Der Zócalo (zusammen mit Nationalpalast, Templo Mayor und Kathedrale)

Er ist der zentrale Platz dieser riesigen Stadt. Der Zócalo (spanisch für “Sockel”) heißt offiziell eigentlich “Plaza de la Constitución” (Platz der Verfassung), aber das dürfte den meisten ein zu sperriger Begriff sein. Und das Wort “Zócalo” passt auch eher zu diesem monumentalen, von repräsentativen Bauten umringten, offenen Platz. Wer hier in der Mitte, direkt neben dem ebenfalls übergroßen Fahnenmast, steht, fühlt sich klein und verloren – aber nicht lange, dafür sorgt die permanente Geräuschkulisse aus Verkehr, Demos und Musik. Der Zócalo war und ist halt auch immer ein Versammlungsort gewesen – schließlich grenzen an ihm Kathedrale, Rathaus und vor allem der Sitz des mexikanischen Präsidenten, der Nationalpalast. Schon der nimmt die volle Ostseite des Platzes ein und ist einen Besuch wert (Ausweis nicht vergessen, ohne den gibt es keinen Zutritt) – allein schon wegen der beeindruckenden Wandfresken des mexikanischen Malers Diego Rivera gleich Ehemann der noch berühmteren Frida Kahlo.

Nach Norden dominiert die Kathedrale der spanischen Eroberer den Platz, sie lohnt ebenfalls einen Besuch. Und etwas versteckt und ein bisschen versetzt zwischen Palast und Kathedrale laden die Ruinen des Templo Mayor, des einstigen Haupttempels der Azteken, zu einem Spaziergang durch die Geschichte ein. Was Besucher dort vorfinden, sind die teils zwei Meter hohen Außenwände des einstigen Wahrzeichens von Tenochtitlán, der Hauptstadt der Azteken, auf deren Trümmern die Spanier das heutige Mexiko-Stadt gründeten. Ein Museum auf dem Gelände offenbart dann die Highlights der Ausgrabungsstätte.

Torre Latinoamericana (und Altstadt)

Mexiko-Stadt war jahrhundertelang nicht der Moloch, wie er sich heute jedem Flugreisenden beim Landeanflug als solcher präsentiert (und vielleicht abschreckt). Bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts war die Stadt beschränkt auf das Areal einer heutigen mittelgroßen Stadt. Vom Zócalo sind es beispielsweise nur 2000 Meter bis zum westlichen Ende der Altstadt. Auf halbem Wege, der herausgeputzten Hauptstraße Francisco Madero folgend, lädt das in die Jahre gekommene Hochhaus “Torre Latinoamericana” zu einer spektakulären Aussicht auf Mexiko-Stadt ein. Denn von hier streift der Blick über das einstige Tal des Sees von Texcoco. Diese Lagune beherrschte einst die Hochebene, in der heute Mexiko-Stadt lag. Eine Insel im See diente den Azteken als Standort für ihre Stadt – Tenochtitlán (und später Mexiko-Stadt) . In den folgenden Jahrhunderten verlor der See Stück für Stück an Umfang. Heute ist der See fast komplett ausgetrocknet – und statt Wasser erblicken wir ein endloses Häusermeer.

Die Torre ist aber nicht die einzige Sehenswürdigkeit in diesem Bereich. Da wären noch der Palacio de Bellas Artes direkt daneben zu nennen (ein prächtiger Theater- und Musikbau mit ebenso prächtigen Wandfresken), oder die Casa de los Azulejos (über und über mit Kacheln verziert), das Museo Diego Rivera (ein überdimensionales Wandbild, man suche die Frida und Diego selbst) und die Pulquería Panana – dort gibt es den mexikanischen Agavensaft zum Probieren.

Um die Ecke ist auch das Denkmal an den spanischen König Karl IV. – noch zu Kolonialzeiten stifteten ihm die Bewohner des offiziellen “Vizekönigreichs Neu-Spanien” ein beeindruckendes Reiterdenkmal. Welt-Traveller Alexander von Humboldt war 1803 Zeuge seiner Errichtung und wäre beinahe von ihm bei einem Unfall erschlagen worden. 200 Jahre später zierte der “Caballito” im Jamens-Bond-Thriller “Spectre” mit Daniel Craig den Tag-der-Toten-Umzug – ach ja, der wurde ja erst durch den Film überhaupt ins Leben gerufen und stellt mittlerweile Ende Oktober eine eigene Must-see-Veranstaltung auf dem Prachtboulevard Paseo de la Reforma dar.

Coyoacán (zusammen mit Frida Kahlo und Leo Trotzki und Universität)

Ok, zu Fuß ist dieses Stadtviertel dann doch zu weit weg gelegen. Und auch mit Auto, Bus und Metro sollte man die Stoßzeiten in Mexiko-Stadt im Hinterkopf behalten: Coyoacán, einst ein zehn Kilometer entfernter Vorort, ist längst eingeholt von der Großstadt. Aber in den Straßen des Viertels haben Besucher den Eindruck, weit weg von der Ciudad de México herumzulaufen. “Kolonialstil” kommt einem in den Kopf, während Besucher dem quadratischen Straßenmuster folgend die lokalen Sehenswürdigkeiten aufsuchen: Die zentralen Plazas Jardín Hidalgo und Jardín Centenario mit ihren Restaurants, den Bars und leckeren Taco-Buden sowie dem Kunsthandwerksmarkt. Das Wohnhaus von Frida Kahlo (siehe Zócalo), indem sie geboren wurde – und 1954 starb. Die einladende Markthalle des Viertels (wo es lecker Essen gibt) und schließlich die letzte Zufluchtsstätte des russischen Revolutionärs Leo Trotzki. Er wurde dort allerdings 1940 ermordet, von einem Agenten seines mächtigen Widersachers Stalin – und ist im Garten des Hauses begraben.

Außerhalb, mit dem Taxi leicht zu erreichen, liegt Mexikos intelektueller Stolz, der Campus der “Autonomen Universität” (UNAM). Der Abstecher hierhin lohnt wegen des Bibliotheksgemälde – es ist komplett mit einem riesigen Wandgemälde bedeckt (mehr dazu erzähle ich hier).

Parque de Chapúltepec (und Altar a la Patria und Museo de Antropología)

Coyoacán ist zu weit weg? Kein Problem. Denn der Besuch des nicht so weit entfernten Chapultepec-Parks entschädigt für das Kolonialflair – und außerdem gibt es dort nicht nur Fridas wohl bekanntestes Gemälde zu bewundern, sondern noch mehr die fast schon erschlagende Sammlung des Anthropologie-Museums (spanisch: Museo de Antropología). Der Chapultepec-Park ist sozusagen Mexikos Pendant zum Berliner Tiergarten und die grüne Lunge der smogverseuchten Metropole. Hier genießen die Mexikaner am Wochenende mit ihren Kindern den Schatten (und Unterhaltungslärm) des einstigen Waldes am Westrand der Stadt. Auf dem höchsten Punkt des Parks erhebt sich das Chapultepec-Schloss (Castillo de Chapultepec) – einst Residenz des den Mexikanern auferzwungenen österreichischen Kaisers Maximilian, heute ein Geschichtsmuseum.

Direkt darunter liegt der Altar a la Patria, besser bekannt als Monument für die “Niños heroes”. Diese “Kinderhelden” waren tatsächlich Kadetten der Militärakademie im Schloss – und die im Kampf gegen US-amerikanische Invasionstruppen am 13. September 1847 im Kampf starben. Angeblich stürzte sich einer der Kadetten, eingehüllt in eine mexikanische Fahne, vom Berg herunter in den Tod …

In die andere Richtung bietet der “Parque Zoológico” im Park Abwechslung vom städtischen Trubel, bevor es kurz ins Museo de Arte Moderno geht. Dort hängt das Bild “Las dos Fridas” – ein Werk von Frida Kahlo, welches sie nach der zeitweiligen Trennung von Diego Rivera erstellte. Anschauen lohnt sich unbedingt. Und wer dann noch genug Kapazitäten für noch mehr Sehenswürdigkeiten besitzt, sollte nun das erwähnte Anthropologie-Museum aufsuchen: Mehr Input zu den vorspanischen Völkern Mexikos gibt es an keinem anderen Ort. Über frühe Kulturen wie den Olmeken geht es zu Tolteken und Mixteken und schließlich den Azteken. Deren “Sonnenstein” stellt den wohl berühmtesten Teil der Sammlung dar. Wenn dann noch Zeit ist, lohnt auch ein Abstecher in die angrenzende Maya-Abteilung, wo das Grab des Herrschers Pakal und der Nachbau der Bonampak-Fresken locken.

Gran Hotel (am Zócalo)

Vielleicht will man an einem einzigen Tag in Mexiko-Stadt aber auch einfach nur abhängen, das Buffet genießen und Tequila trinken. Dann empfiehlt sich eines der Restaurants am Zócalo mit Dachterrasse – und das bekannteste dürfte das Gran Hotel sein. Seine Eingangshalle ist ein wunderschönes Beispiel für den Art Noveau (Jugendstil) und stand ebenfalls James Bond als Kulisse zur Verfügung. Von der Terrasse schweift der Blick über den Zócalo auf Kathedrale und Nationalpalast. Wer zudem einen klaren, smogfreien Tag erwischt, erkennt in der Ferne vielleicht sogar die Hausvulkane von Mexiko-Stadt, den Iztaccíhuatl und den Popocatépetl.

Und Teotihuacán? Und wieso nicht auch Xochimilco?

Sind beide eine eigene Reise wert. Die imposanten Pyramiden von Teotihuacán liegen 60 Kilometer von Mexiko-Stadt im Nordosten entfernt. Mindestens eine Stunde Anfahrt muss man einplanen, und mindestens zwei weitere gehen drauf, um das Areal zu erkunden. Die Ruinen von Teotihuacán sind also eine Tagesreise wert – aber die Zeit sollte man auch investieren. Tipp: Nicht an einem Sonntagmittag anreisen, dann ist das Areal in der Regel hoffnungslos überfüllt.

Xochimilco wiederum, rund 25 Kilometer südlich des Zentrums entfernt, besitzt die Reste des einstigen Seen-Systems des Mexiko-Stadt-Tals – und ist am Wochenende eine einzige “Partymeile”, die auf den Booten stattfindet. Denn der See ist hier in etliche Kanäle geteilt, geformt durch Landaufschüttungen. Unter der Woche ist es wesentlich ruhiger.

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