Der schwedische Möbelgigant Ikea hat nach jahrelangen Gerüchten und Ankündigungen in Mexiko-Stadt seinen Online-Store eröffnet. Wer nun eine „Billysierung“ der mexikanischen Wohnlandschaft befürchtet: eine Alternative ist der Möbel- und Kunsthandwerksmarkt im Stadtteil Tlalpan.
Ikea ist da: Vergangene Woche meldeten die mexikanischen Medien die Eröffnung des Online-Stores der Schweden. Wer sich nach Billy-Regalen und Ribba-Bilderrahmen in Mexiko-Stadt sehnt – und in der Hauptstadt und unmittelbaren Umgebung lebt – kann ab sofort im Shop Regale, Sessel und Kerzen bestellen. Schon seit Monaten hatte das Unternehmen in sozialen Medien für sein Angebot geworben.
Auf Snacks wie das „Köttbullar“ muss man aber zunächst verzichten: Die Eröffnung der ersten Filiale auf mexikanischem Boden wird Corona-bedingt voraussichtlich im Frühjahr 2021 erfolgen, im Einkaufszentrum Oceania im Nordosten der Stadt. Weitere im Land sind nicht ausgeschlossen.
Ich gehe mal davon aus, dass die Schweden mit ihrem Angebot den Wünschen und Geschmäckern der mexikanischen Mittel- und Oberschicht entgegenkommen. Schon seit Jahren gibt es Gerüchte und Ankündigungen um die Expansion des Ikea-Konzerns nach Mexiko.
Denn wer Möbel in Mexiko kaufen will, hat bislang die Auswahl zwischen traditionellen Möbelgeschäften und „kleinen“ Tischlerwerkstätten, die ihre eigenen Holztische, -stühle und -regale zum Beispiel am Straßenrand verkaufen: Der spanischsprachige Blog „Más Madera„, der Themen rund um die Möbelwirtschaft und -vermarktung angeht, beschrieb die mexikanische Möbelindustrie 2017 als zersplittert in Klein- und Kleinstbetriebe.
Aber es gibt noch eine weitere Alternative in Mexiko-Stadt zum Möbelkauf: den „Mercado de Muebles y Artesanias Vasco de Quiroga“ im südwestlichen Stadtteil Tlalpan. Der gruppiert gleich etliche Kleingeschäfte auf engem Raum und präsentiert neben Kitsch handwerklich schöne Arbeiten.
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Der Mercado war wegen der Corona-Pandemie zeitweilig geschlossen, seit Anfang Juli steht er aber wieder Besuchern offen – wenngleich die Geschäfte nur wechselweise alle zwei Tage öffnen dürfen. Aktuelle Infos gibt es auf der Facebook-Seite des Marktes.
Wir haben uns beispielsweise hier im vergangenen Jahr eine Sofaecke, einen großen Holztisch (das ist der auf dem Bild) und zwei Bänke besorgt.
Das lief dann folgendermaßen ab: Halbe Stunde hinfahren (in dieser Stadt dauert gefühlt jede Autofahrt mindestens 30 Minuten) und an den etwa 100 offenen Verkaufsläden vorbeischlendern. In denen warten die Verkäufer auf interessierte Kundschaft und setzen sich in der Regel auch sofort in Bewegung, wenn diese auftaucht – so wie wir. „¿Qué le damos? Pregunte, le hacemos precio. ¿En qué le puedo ayudar?„, rufen sie dann. „Was können wir Ihnen anbieten? Fragen Sie, wir nennen Ihnen einen Preis (besser: wir „machen“ Ihnen einen Preis). Wie können wir weiterhelfen?“
In solchen Fällen hilft wie auf jedem Markt in Mexiko-Stadt ein stets freundliches „No, gracias“ oder „Muchas gracias“ („Nein, vielen Dank“, beziehungsweise einfach „Danke“), sofern man nicht wirklich konkrete Fragen hat. Wenn ja, werden die Verkäufer bereitwillig und geduldig diese beantworten. Fragen Sie!
Irgendwann findet man vielleicht seine Wunschobjekte. Es geht dann um die Farbe (meistens sind alle irgendwie möglich, auch unsere vor Ort verfügbaren Bänke wurden mal eben draußen auf dem Parkplatz noch unseren Wünschen bearbeitet), um den Preis (der sich oft herunterhandeln lässt) und die Dauer der Lieferung. Gerade große Möbelstücke sind nicht immer vor Ort verfügbar.
Falls bestellt werden muss, ist eine Teilvorauszahlung in der Regel fällig. Der Rest erfolgt oft in Barzahlung gegen Quittung bei der Abholung – oder Übergabe durch einen Transporteur.
Denn die Händler des Mercados vermitteln dich an die allzeit bereitstehenden Männer der draußen parkenden „Fletes“. Das sind kleine Transportfahrzeuge. Und mit denen muss dann natürlich auch der Transportpreis ausgehandelt werden. Vorteil: selber schleppen muss man nicht. Und zusammenschrauben in der Regel auch nicht.
Europa in Mexiko-Stadt: Marken und Filialen
Tausende Kilometer von Europa entfernt gibt es in Mexiko-Stadt neben dem schwedischen Möbelhaus weitere europäische Firmen, die mit Marken und Filialen zusammen mit US- und kanadischen Unternehmen um die Gunst der mexikanischen Konsumenten werben. Die Alternative heißt wie bei den Möbeln lokal oder „nacional“ (aus dem Land), sei es bei mexikanischen Unternehmen, in einem „Mercado“ (Markthalle), in der „Tiendita“ (Stadtteilläden) oder „Supermercado“ (Supermarkt, der, siehe oben, auch mit ausländischen Produkten gefüllt ist). Außerdem gibt es lokale Anbieter europäischer Spezialitäten und Produkte wie Wurst, Brot und Kuchen. Dazu mehr am Ende dieser Liste.
Doch Europa? Ok. Eine kleine Übersicht ohne Gewähr auf Vollständigkeit:
- Der französische Sportartikelanbieter Decathlon unterhält mittlerweile drei Filialen in Mexiko-Stadt. Das Angebot dürfte wie bei Ikea identisch zu dem in Europa sein – zumindest kam mir das Angebot sehr vertraut vor.
- Sportlabels wie Adidas und Puma haben eigene Filialen in Einkaufszentren (spanisch: Centro comercial), dort sind auch mehrere Modemarken in Mexiko-Stadt zu finden: Dazu zählen auch die spanische Desigual sowie Pull&Bear, Zara und Bershka (alle Inditex-Konzern), Vero Moda und Jack&Jones (dänischer Konzern Bestseller), H&M (Schweden), C&A (Deutschland), Lacoste (Frankreich, Schweiz).
- Der belgische Pan Quotidien ist mit mehreren Restaurants vertreten, in denen auch Brot und Gebäck verkauft werden. Auch im französischen Maison Kayser werden Leckereien angeboten. Beide Ketten sind verteilt in der Stadt zu finden.
- Weine, Biere, hochprozentige Alkoholika, Käsesorten oder Wurst aus Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland gibt es in der Regel in speziellen Regalgängen in den großen Supermärkten Soriana, Chedraui, Comer, Superama, Walmart oder Citymarket zu finden, aber sie sind zumeist teurer als in Europa. Die Kette La Europea hat sich auf Angebote vom alten Kontinent spezialisiert, deren Shops sind zumeist ebenfalls in Einkaufszentren zu finden. Das ursprünglich als Rincón alemán firmierende Huberts Euro-Deli in Naucalpan, Teil der Metropolregion, ist noch nicht (wieder) am Start, verspricht aber ebenfalls Produkte aus Europa (aktuelle Infos auf der Facebook-Seite)
- Deutsche „Salchicha“ (Wurst) gibt es beispielsweise bei Artisan Wurst in Xochimilco. Das Gleiche gilt für Brezeln oder Brot wie wir es aus Deutschland kennen, zum Beispiel vom Meisterback im zentral gelegenen Stadtteil Navarte. Kuchen und Gebäck gibt es vom Landhaus La Pastelería Alemana (Facebook-Seite), zu finden in den Stadtteilen Mixcoac und Barranca del Muerto. Speziell haltbare Lebensmittel aus Deutschland hat German Gourmet in Naucalpan im Angebot. Ihr kennt weitere Angebote? Schreibt sie ins Kommentarfeld.
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