Der mexikanische Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador ist aufgrund einer Covid-19-Erkrankung in seinem Amts- und Wohnsitz im Zentrum von Mexiko-Stadt isoliert. Den Moloch kennt er schon lange: Der jetzige „Presidente“ hat als früherer Bürgermeister diese Stadt mitgeprägt.

Wochenlang war die Stadt blockiert: Der „legitime“ Präsident hatte seine Anhänger zum Protest aufgestachelt. Nichts ging mehr auf der Reforma, der Prachtstraße im Zentrum, und auf dem Zócalo, dem zentralen Platz mitten in Mexiko-Stadt, der von alten Kolonialbauten und der Kathedrale eingerahmt ist, demonstrierten die Menschen. Während der neue Staatschef schon bald im Nationalpalast am rechten Rand des Platzes Hof halten würde, erinnerte sein unterlegener Gegner an die vermeintlich gefälschte Wahl – 2006 war das in Mexiko. Der Kontrahent des damaligen Wahlsiegers Felipe Calderón in dieser politischen Krise des Landes: Andrés Manuel López Obrador.

Heute ist er selbst Staatspräsident Mexikos, aber damals war López Obrador der populäre Ex-Bürgermeister von Mexiko-Stadt, dem man den Wahlsieg durch Betrug „gestohlen“ habe. Ein Jahr zuvor, 2005, war AMLO, wie er allgemein abgekürzt genannt wird, von seinem Amt als „Jefe de Gobierno del Distrito Federal“ (Regierungschef des Bundesdistrikts) zurückgetreten, um zur Wahl antreten zu können. Der Distrito Federal heißt seit 2016 offiziell „Ciudad de México“, Mexiko-Stadt, der „Jefe de Gobierno“ aber ist bis heute die Bezeichnung für den Bürgermeister dieses Molochs.

  • AMLOs Gesundheitszustand und seine Corona-Politik: Monatelang hat López Obrador seit Beginn der Corona-Pandemie seine Beobachter mit verschiedenen Aussagen und Aktionen irritiert oder sogar empört. Nun ist er selbst an Covid-19 erkrankt.
  • Seit Freitag ist er „mit leichten Symptomen“, wie AMLO es selbst auf seinem Twitter-Kanal verkündete, im Palacio Nacional isoliert, seinem Amts- und Wohnsitz im Zentrum von Mexiko-Stadt. Er sei in medizinischer Behandlung und werde vom Nationalpalast aus weiterhin arbeiten und aus der Ferne Kontakt zu Gesprächspartnern halten.
  • Der Präsident war noch Stunden zuvor mit einem regulären Linienflug von einer Arbeitsvisite im Norden Mexikos in die Stadt zurückgekehrt, ein Video zeigt ihn mit einer „Cubreboca“, einem Mundschutz, seinen Sitz einnehmen. In den vergangenen Tagen war er mit mehreren Personen in Kontakt gewesen, zum Beispiel mit seinem Außenminister Marcelo Ebrard – der sich nun auch vorsorglich in Isolation begeben hat.
  • Weil AMLO aber auf genau diese Maske ansonsten gern verzichtete, war seine Krisenarbeit und damit zusammenhängend seine Vorbildfunktion für die Bevölkerung wiederholt in die Kritik geraten.
  • Als in Mexiko das Corona-Virus sich bereits ausbreitete, umarmte er weiterhin Anhänger auf verschiedenen Touren im Land, zeigte stattdessen Amulette vor, die ihn beschützen würden, führte seine morgendliche Pressekonferenz in Präsenz fort oder unterließ es bis heute, Einreisebeschränkungen für Touristen aus Risikogebieten zu verhängen (offensichtlich aus wirtschaftlichen Gründen). Kritische Artikel zu den Maßnahmen seiner Regierung wertete er ab (einen Medienbericht mit Beispielen seiner Haltung zum Virus könnt ihr hier lesen).
  • Vor AMLO waren bereits mehrere Regierungsmitglieder an Covid-19 erkrankt. Nun hat das „Bicho“ (das Tier), wie das Virus hier auch oft genannt wird, ihn selbst erwischt. Der Staatschef st bei aller Kritik an seinem Verhalten und Aussagen aber kein Corona-Leugner und lässt sich Medienberichten zufolge regelmäßig testen. Im Dezember rief López Obrador die Bevölkerung auf, angesichts der anstehenden Weihnachtstage möglichst zu Hause zu bleiben und auf Abstand zu achten – vor allem in Mexiko-Stadt, welches zum Jahresende angesichts sich zuspitzender Infektionszahlen einen erneuten Shutdown des öffentlichen Lebens verordnete.

Als solcher hat AMLO die Stadt in seiner Amtszeit von 2000 bis 2005 mitgeprägt. Ihm ist es zu „verdanken“, dass Autofahrer heute über den „Segundo Piso„, einer erhöhten zweiten Stadtautobahn über der bisherigen Trasse, schneller ans Ziel kommen – allerdings ist sie mautpflichtig. Zugleich startete er die Errichtung der modernen „Metrobusse“, die mit festen Haltestellen und eigener Fahrspur den ÖPNV entlasten – mittlerweile sind es sieben Linien, die Mexiko-Stadt durchziehen.

AMLO gründete eine neue öffentliche Universität der Stadt, unterstützte benachteiligte Familien und förderte die Sanierung des historischen Zentrums. Das war 2002 – aus eigener Erfahrung – alles andere als ein appetlicher Ort. Heutzutage ist das Centro histórico hingegen zu großen Teilen herausgeputzt. Und der „Jefe“ ist mittlerweile eine „Jefa“: 2018 gewann AMLOs Parteifreundin Claudia Sheinbaum die Bürgermeisterwahl und regiert Mexiko-Stadt.

Isolation im Nationalpalast

Sie hat ihrem Amtssitz ebenfalls am Zócalo, gleich rechts neben des Palacio Nacional. Hier hat AMLO seinen Regierungssitz, er wohnt aber auch in diesem Riesengebäude – so wie es frühere Amtsinhaber getan hatten, bevor sie Ende des vorigen Jahrhunderts in nahe gelegene Villen umzogen. Der jetzige Präsident entzog sich dem, verwandelte die vornehme bisherige Präsidentenresidenz „Los Pinos“ im Chapultepec-Park in eine öffentliche Anlage und zog in den Palast. Und da kuriert er nun die Covid-19-Erkrankung aus.

Direkt am Tag nach der Bekanntgabe seiner Erkrankung führte López Obrador ein Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Putin. Russland sagte zu, Mexiko mit 24 Millionen Dosen seines eigenen Impfstoffes zu unterstützen, verkündete kurz darauf ein zufriedener AMLO aus seiner Quarantäne-Residenz.

Andrés Manuel López Obrador, Presidente de México
Andrés Manuel López Obrador, Mexikos Staatspräsident. Foto: Eneas de Troya. Veröffentlichung unter der CC BY 2.0 (Original hier)

Sofern nicht wegen Pandemie, erkranktem Regierungschef oder wichtigen Anlässen geschlossen, ist der Nationalpalast für jeden Mexiko-Reisenden einen Besuch wert. Er steht symbolhaft für die politische Macht in Mexiko, von hier werden der Nationalfeiertag am 15. September und andere Märsche gefeiert. Dann steht der Präsident, in diesem Fall AMLO, auf dem Balkon des Gebäudes – so wie 2019 bei der Parade zum 109-jährigen Jubiläum des Revolutionsauftakt.

Wenn ihr also den Palacio Nacional irgendwann nach dieser Corona-Pandemie aufsuchen könnt (Details siehe unten): Wer weiß, vielleicht läuft euch beim Besuch auch der „Presidente“ über den Weg. Die Amtszeit von Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador dauert noch bis 2024.

Palacio Nacional: Fakten und Besucherinfos

  • 40.000 Quadratmeter Fläche, alle Seiten sind rund 200 Meter lang. Der Komplex umfasst mehrere Gebäude und Innenhöfe. Nur ein Teil kann besichtigt werden.
  • Fast 500 Jahre alt, erbaut ursprünglich als Wohnsitz des spanischen Eroberers Hernán Cortés, später Amtssitz der spanischen Gouverneure von Neu-Spanien (Mexiko) bis 1821, seitdem Amtssitz des mexikanischen Staatsoberhaupts.
  • Errichtet auf dem Fundament des Palasts des letzten Aztekenherrschers Moctezuma. Teilweise zerstört bei Unruhen in der Stadt im Jahr 1692, mehrfach umgebaut. 1926 Hinzufügung eines dritten Stockwerks.
  • Am Haupteingang (östliche Seite des Zócalo) über dem Balkon hängt die Original-Glocke aus dem Dorf Dolores („Campana de Dolores“), mit der der Priester Miguel Hidalgo 1810 zum Aufstand gegen die spanischen Oberherren gerufen haben soll. Nur von außen zu sehen.
  • Großformatige und beeindruckende Wandgemälde im ersten Stockwerk und Treppenaufgang des ersten Innenhofs, erstellt von Diego Rivera zur Geschichte des Landes. Das Ganze wird ergänzt durch das 2018 eröffnete Historische Museum im Innern des Gebäudes.
  • Ehemalige Wohnräume des Reformpräsidenten Benito Juárez, heute ein Museum.
  • Früherer Parlamentssaal („Recinto parlamentario“ oder „Cámara de Diputados“)
  • „Jardín Botánico“ (Botanischer Garten mit Kakteen)
  • Öffnungszeiten (wegen der Pandemie derzeit geschlossen): dienstags bis sonntags 9 bis 17 Uhr, freier Eintritt. Ohne einen offiziellen Ausweis (Personalausweis, Reisepass, mexikanischer Aufenthaltsausweis) lassen die Wachsoldaten am Tor einen nicht durch! Der Eingang befindet sich auf der Nordseite des Gebäudekomplexes in der Calle Moneda.
  • Mehr Informationen auf der Internetseite der Alcaldía Cuauhtémoc, dem zentralen Stadtbezirk.

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