Du willst umziehen? In Mexiko-Stadt fragst du einfach die Männer am Straßenrand vor ihren Kleintransportern. Einfach auf den Satz „Flete y mudanza“ achten. Manchmal geht es sogar noch einfacher.
Wir hatten einen schweren Terrassentisch abzugeben. Mächtig, die Füße aus Metall, die Platte aus Stein. Und er sollte circa fünf Kilometer zum neuen Besitzer gebracht werden. Also machte der Käufer das, was alle hier machen: Sie bringen kräftige junge Männer nebst deren Transportgefährt mit, und die kümmern sich um den Rest.
Dafür reicht es, in der Umgebung Ausschau zu halten nach LKW, die mit dem Schriftzug „Flete y mudanza“ bemalt sind: Frachtgut und Umzug. Wer einen solchen sucht, der frage nach einer „mudanza“, und irgendjemand wird schon einen seines Vertrauens nennen können. Wenn nicht, stehen diese Möbelpacker oft in Reihe geparkt vor Bauzentren oder Möbelmärkten, zum Beispiel am Mercado de Muebles im Stadtteil Tlalpan.
Samstag, 11 Uhr: Die für mittags angekündigte „mudanza“ wird nicht kommen, teilt unser betrübter Käufer mit. Der Anbieter habe ihm mitgeteilt, dass er eine Motorpanne habe. Nun suche er nach einem Ersatz. Später wird er mir mitteilen, dass er die Entschuldigung für einen Vorwand hält. „Der hatte vielleicht keine Lust.“ Ich denke, das wird heute nix, aber wir sind ja eh zu Hause. Eine Stunde später teilt unser Käufer mit, dass er Ersatz aufgegabelt habe. Für 15 oder 16 Uhr. Am Ende wird es circa 18 Uhr, als die „mudanza“ vor unserer Haustür steht.
Zwei junge Männer steigen aus, mit Maske und Brille. Wir sind ja in der Pandemie. Ich zeige ihnen den Tisch und die Wege am Haus vorbei und durch das Haus zu ihrem Kleinlaster älteren Modells. Sie grübeln, nehmen Maß mit ausgebreiteten Händen, entscheiden sich ob der Größe des Tisches erst für den Gang durch das Haus, dann durch an ihm vorbei durch einen schmalen Treppenaufgang.
Tatsächlich steht der wuchtige Tisch einige Zeit später am LKW, weitere gekaufte Teile folgen mit dazu, etwa eine ebenso mächtige Tischtennisplatte. Sicherungsseile, Schutzfolien, Decken? Gibt es nicht. Zum Glück habe ich noch was an Material da.
Vor unserem Zuhause stehen Fahrer und Beifahrer schließlich verschwitzt vor ihrem Gefährt. Ich drücke ihnen zwei Bierflaschen in die Hand, „para luego, después del trabajo“, sage ich ihnen. Für später, nach der Arbeit. „Ach, das machen wir jetzt besser jetzt auf“, sagt der Chef der beiden, haut die Korken an der Ladekante ab – und kippt sich das Bier rein.
Ok, denke ich, war ja auch eine Plackerei für die 500 Pesos, die die „mudanza“ für die kurze Strecke und die Arbeit kostet – umgerechnet etwas mehr als 20 Euro. Wir hatten auch mal einen solchen LKW mit Truppe beim Kauf eines Sofas engagiert, mussten aber mit ihnen wegen überzogener Preisvorstellungen für etwa die gleiche Entfernung erst feilschen, bis wir uns einig waren. Denn auch das gilt für eine „mudanza“: Der Preis ist Verhandlungssache, und Käufer sollten nie das erste Gebot akzeptieren.
Als sie losfahren, wenden die Männer vor unserer Haustür und beschädigen dabei etwas eine Außenwand. Ob es am Bier lag? Ich hoff ja nicht.
Aber es geht auch anders. Man sieht hier in Mexiko-Stadt alle möglichen Transporte, und nicht immer ist es der geschlossene Klein-LKW wie in unserem Fall. Da ist mal ein fetter Wasserbehälter auf der „Camioneta“ (Kombi) draufgewuchtet, dann wieder Menschen, die auf der Ladefläche eines Pick-up liegen, sitzen oder stehen – die Polizei macht das übrigens auch so, sieht immer sehr martialisch aus -, oder ein überladener Gemüse- und Obst-Transporter dreht seine Runden.
Viraler Hit
Ein Umzug stellte aber Anfang 2021 alles in den Schatten: Eine Userin der Plattform TikTok stellte ein Video online, auf dem ein optimal beladener (oder besser gesagt überladener) Kleintransporter auf der Prachtstraße von Mexiko-Stadt unterwegs ist, vorbei am „Caballito“, einem bekannten gelben Monument im Zeitungsviertel der Stadt. Das Video wurde mehrfach in den nationalen Medien erwähnt und geteilt.
Geht doch, in dieser Stadt. Über zulässige Gewichtsmengen und Höhen reden wir besser nicht.
Zum Glück hatten wir ja nur einen Terassentisch. Und er kam sicher beim neuen Käufer an. Dank an die „mudanza“.