Noch immer ist das öffentliche Leben in Mexiko-Stadt mehr oder weniger stillgelegt. Zum Beispiel ist eine Wiedereröffnung von Restaurants oder Geschäften weiterhin untersagt. Tatsächlich aber sind die Straßen alles andere als leer. So sah es zum Beispiel Anfang Juni am Zócalo, dem Hauptplatz der Metropole aus.
Der Zócalo ist der zentrale Ort dieser Stadt. Er ist riesig, seine Seiten sind 195 Meter beziehungsweise 240 Meter lang. Und er wirkt mangels optischer Barrieren auch noch größer, lediglich ein zentraler Fahnenmast dekoriert die Plaza. Dabei stand hier zur spanischen Kolonialzeit mal ein Reiterstandbild, das des spanischen Königs Karl IV.
Noch später wollte ein Präsident im nun unabhängigen Mexiko mit einem Monument an den Freiheitskampf erinnern, und dieser Bau sorgte schließlich für den heutigen Namen des Platzes: Vom Siegerdenkmal wurde nur der „Zócalo“, der Sockel des Baus, auf dem Platz errichtet – er gab dem Ort seine heute gebräuchliche Bezeichnung. Offiziell heißt die Riesenfläche übrigens „Platz der Verfassung“, Plaza de la Constitución. Aber wer hierhin will, muss nach dem Zócalo fragen. Gesprochen „Ssókalo“.
Am heutigen Zócalo standen einstmals, vor 500 Jahren, die Hauptpaläste und -tempel der Méxica, wie sich die Azteken selbst bezeichneten. An dieser Stelle soll ein Adler mit einer Schlange im Maul – und auf einem Kaktus sitzend – dem einstmals nomadisierenden Volk ihr neues Zuhause angezeigt haben soll. Hier starb Azteken-Herrscher Motehcuzoma als Gefangener der spanischen Eroberer. Und hier, auf den Steinen der aztekischen Bauten, errichteten die neuen Herren aus Europa die Symbole ihrer Macht: die Kathedrale am Nordende des Platzes und rechts daneben den Palast des spanischen Gouverneurs – heute der Nationalpalast und Residenz des mexikanischen Staatspräsidenten.
Diese Plaza stand also immer im Mittelpunkt der Macht. Demonstranten und Regierende wissen von der Bedeutung und der Nähe zum Nationalpalast, regelmäßig finden auf dem Zócalo Kundgebungen statt.
Und wenn nicht, begeistern Musiker ihre Fans, zelebrieren Händler diverse Messen, am Fuß der riesigen Fahne, die jeden Morgen durch ein Militärkommando aus dem Palast gebracht wird – und abend zurück. Auf dem Zócalo feiern die Mexikaner an jedem 15. September die Erlangung der Unabhängigkeit ihres Landes. James Bond hatte hier seinen Auftritt, bei den Dreharbeiten zu „Skyfall“. Selbst eine Eisbahn schaffte es Ende 2019 auf den Platz – der selbst mit der Piste nur zur Hälfte belegt war. Weil die Gegend rund um den Platz außerdem ein brummendes Geschäfts- und Tourismuszentrum ist, sind hier immer viele Leute unterwegs. Egal ob Konzert- und Messefans, Bewohner der umliegenden Stadtviertel, Demonstranten oder Touristen. Zumindest bis zur Corona-Pandemie.
Seit Mitte März sind der Platz sowie einige hinführende Straßen und Fußgängerzonen abgesperrt. Die Behörden wollen so verhindern, dass sich hier Menschen in großer Zahl sammeln. Der zentrale Bereich ist mit Barrieren ummantelt, Polizisten sichern die Zugänge ab. Drumherum fahren ist aber weiterhin möglich. Und weil es auch kein Versammlungsverbot gibt, geschweige Ausgangssperre, dürfen auch weiterhin Passanten am Rand des Zócalos verweilen. Oder demonstrieren. So wie auf dem Video zu sehen.