Zweiter Lockdown: Seit Mitte Dezember sind in Mexiko-Stadt Einkaufszentren, Restaurants und Kinos geschlossen, wegen der explodierenden Corona-Infektionszahlen. Nun wird vorsichtig „gelockert“. Der Überblick:

Sie hatten noch mit lautstarken Schlägen auf Kochtöpfe protestiert, jetzt haben sich die Restaurantbetreiber ein Zugeständnis erstritten: Die Regierungschefin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, hat am Freitag die Wiedereröffnung der Gastronomie in der Metropole angekündigt. Ab Montag, 18. Januar, dürfen Restaurants ihre Terassen für ihre Gäste anbieten, mit Mindestabstand und weiteren Vorgaben. Es ist ein erster Schritt raus aus dem erneuten Lockdown, in dem wir hier im Dezember in Mexiko-Stadt hineingeraten sind – und der angesichts der Zahlen überfällig war.

Nun also die Wiedereröffnung der Gastronomie. Ab Montag dürften wir zu viert an einem Tisch sitzen, aber nur draußen und nur bis 18 Uhr. Organisierte Sportangebote im Freien werden wieder erlaubt, und Supermärkte dürfen – wenn sie wollen – rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche operieren. Und das, obwohl Sheinbaum und ihre Experten im gleichen Atemzug auf die praktisch vollbelegten Krankenhäuser hinwiesen (alle Infos zum Programm „Reactivar sin arriesgar“ findet ihr hier)

Solche Aufrufe, sich an die Hygienemaßnahmen zu halten, hängen überall in der Stadt. Diese hier sind vom September 2020.

Sheinbaums Hintergrund ist der Sorge um die hiesige Wirtschaft geschuldet: Sie selbst spricht von der „Protección de empleos„, dem Schutz der Arbeitsplätze. Tage zuvor hatten Gastronomiechefs noch geklagt, dass sie entweder jetzt wiedereröffnen – oder sterben müssten.

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Ein erster Schritt also zurück zur „neuen Normalität“, die in der Stadt bis zum Dezember-Anstieg der Zahlen ein halbwegs normales Alltagsleben nach dem monatelangen ersten Lockdown im Frühjahr ermöglichte. Aber warten wir noch ab, was die folgenden Wochen gelockert wird. Museen, Kinos, Einkaufszentren sind nämlich weiterhin geschlossen. Und im Centro histórico, der Altstadt mit ihrem starken Sog auf Konsumenten, bleiben die Räume vieler Geschäfte weiterhin abgesperrt.

Der Grund für die Zurückhaltung: Die eigentliche Spitze der Neuinfektionen ist der Stadtregierung zufolge noch gar nicht erreicht. Sie nannte Zahlen, wonach ein Viertel der Neuinfizierten ihre Ansteckung auf Weihnachtsfeiern und weitere sechs Prozent auf Weihnachtsurlaube zurückführen könnten. Die Folgen der „Reuniones“, der Versammlungen von Freunden und Familie, dürften sich also erst jetzt in den Statistiken darlegen. Wir werden in Mexiko-Stadt also noch für eine Weile hohe Krankenhauszahlen haben, und offen ist, wann die „rote Ampel“ wieder auf Orange umgestellt wird (die sich übrigens auch nach der Belegung der Krankenhäuser richtet).

Wenn ich aber durch die Straßen laufe, entspricht die Realität eh nicht immer den Proklamationen, wie so oft in Mexiko: Wir haben zwar einen formalen Lockdown, tatsächlich ist gefühlt davon in meinem Viertel wenig zu sehen. Die Stadt hatte bei Verkündung des Lockdowns Mitte Dezember Ausnahmeregelungen verfasst. So mussten kleine Läden in den „Barrios“ nicht schließen. Und diese Beobachtungen – sowie die Berichte in den sozialen Medien – erzeugen den Eindruck, dass es mit dem Lockdown nicht überall so ernst genommen wird: Warum, zum Beispiel, fragte ein User auf Twitter, müsse der Friseur im Einkaufszentrum schließen, während der Laden im Viertel offen bleibe? Oder ein Restaurant dichtmachen, während der Straßenhändler weiterhin seine Tacos zum Verzehr direkt am Stand anbieten könne (obwohl das eigentlich nicht erlaubt ist)?


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