Eigentlich ist das hier die Kirche des Heiligen Hippolyt am Rand der Altstadt. Aber seit im „Templo de San Hipólito“ eine Statue des Apostels Judas Thaddäus steht, ist die Kirche zum Wallfahrtsort seiner Anhänger geworden. Zentrales Datum: heute.
Jedes Jahr pilgern sie dorthin, ihren Heiligen im Gepäck am 28. Oktober: Judas Tadeo, zu deutsch Judas Thaddäus, gilt als Schutzpatron der Armen und derer, die sich in schwieriger Situation befinden. Ihn bitten Gläubige um Hilfe und Schutz in ausweglosen Momenten.
Und ihm dafür sozusagen „Danke“ zu sagen, das ist vor allem am 28. Oktober der Fall, dem kirchlichen Gedenktag von Judas Thaddäus. An diesem Tag suchen seine Anhänger eine bestimmte Kirche in Mexiko-Stadt auf, die am nordwestlichen Rand der Altstadt liegt: den Templo de San Hipólito (Tempel des Heiligen Hippolyt). Dort steht seit den achtziger Jahren eine Statue des Apostels hinter dem Altar.
Auch in diesem Jahr sind die Gläubigen vor Ort, und das trotz weiterhin hoher Corona-Zahlen. Die Stadtverwaltung sah sich deswegen genötigt, nochmals darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Pandemie keine Messe vor Ort stattfinden würde. Zugleich sei aber der Eintritt der Gläubigen in die Kirche erlaubt, um der Statue des Judas Thaddäus die Ehrerbietung zu zeigen – mit Abstand, Desinfektionsgel und einer beschränkten Zeitspanne für jeden Einzelnen …
Eigentlich ist der Tempel dem Heiligen Hippolyt gewidmet, vor rund 1800 Jahren Bischof von Rom. Seine Kirche steht an der Straße in den nordwestlich gelegenen Stadtteil Tacuba – in etwa an der Stelle, an der 1520 die spanischen Eroberer in der „Noche triste“ im Kampf gegen die Azteken eine Niederlage erlitten.
Ein Tempel zur Erinnerung an eine Niederlage
Die Conquistadoren unter ihrem Anführer Hernán Cortés flohen damals aus ihrem belagerten Palast in Tenochtitlán, der Inselstadt der Azteken und Vorgänger des heutigen Mexiko-Stadt. Als sie den damaligen Damm über den heute nicht mehr vorhandenen See von Texcoco überqueren wollten, griffen die Azteken an. Viele Spanier und Verbündete überlebten den Kampf nicht, aber ein Jahr später sollte Cortés sich rächen und Tenochtitlan erobern und zerstören. Ein Baum einige Kilometer weiter, der „Árbol de la noche triste“, erinnert an die Schlacht. Unter diesem soll Cortés damals seine Niederlage beweint haben.
Noch mehr Geschichten aus Mexiko-Stadt? Abonniere meinen Newsletter!
Zur Erinnerung an die eigenen Verluste ließ der Spanier eine erste Kirche am Weg nach Tacuba errichten – und widmete sie dem Heiligen Hippolyt, dessen Namenstag auf den Tag der Eroberung Tenochtitlans fällt. Später folgte ein Neubau, der sich bis heute erhalten hat. Der einstige römische Bischof war lange Jahre zudem Schutzpatron des kolonialen Mexiko-Stadt.
Aber das dürfte heute keinen mehr interessieren, seit Judas Thaddäus dort mit seiner Statue vertreten ist.
Pulque neben der Kirche
Es lohnt sich übrigens, die Kirche auch an einem anderen Tag als dem heutigen 28. Oktober aufzusuchen: Zum einen ist das Gebäude selbst ein Hingucker, das aufgrund des instabilen Untergrunds auf den Betrachter wie ein sinkendes Schiff wirkt.
Zum anderen liegt in direkter Nachbarschaft links daneben die empfehlenswerte Pulquería Panana, die das so typisch mexikanische Agavengetränk anbietet. Das milchig wirkende Alkoholgetränk ist sozusagen ein mexikanisches Gegenpendant zum Trierer Viez (aus der Agavenpflanze statt Apfel halt) und war bis zum Siegeszug von Bier weit verbreitet. Bis heute gibt es in Mexiko-Stadt verstreut Pulquerías zu finden – so wie das Panana. Also, traut euch, es schmeckt auch.
Lage Templo de San Hipólito
Der Templo de San Hipólito liegt direkt hinter dem Alameda-Park und dem Museo Mural Diego Rivera am nordwestlichen Rand der Altstadt (Link openstreetmap). Der Prachtboulevard Reforma trennt die Kirche vom Park, und die Straßenhändler vor dem Eingang verdecken die Sicht auf das Gebäude. Wer mit Metro anreisen will: Direkt an der Kirche liegt die Metrostation Hidalgo. Aktuelle Infos gibt es auf dem Twitter-Kanal der Kirche.