Ich bekenne: ich mag einfach Star Wars. Da können die Filme noch so schlecht, die Charaktere noch so albern und die Witze flach sein – die kitschigen Gut-Böse-Geschichten in fernen Galaxien wirkt. Außerdem bin ich Papa, oder Papá, wie es im Spanischen heißt. Nicht übrigens Papa (ohne Akzent), das ist die Kartoffel in Mexiko. Und die auch nicht in Spanien, da ist es die Patata. Und der Papst wiederum heißt in beiden Ländern El Papa. Also … Papa. Der mit den Kindern.
Deswegen bin ich neulich beim Einkaufen in Mexiko-Stadt im Laden eines bekannten Plastiksteine-Anbieters gestrandet. Und da thronte er, bereit zum Start gegen die Rebellen – ein Sternenzerstörer. Kategorie „Riesig“. So riesig, dass dieses Star-Wars-Flagschiff des bösen Imperiums eindeutig nicht als Kinderspielzeug bezeichnet werden kann. Außerdem kostet das eh nicht flugfähige Klötzchen-Monstrum schlappe 14449 Pesos. Das ist … nicht wenig.
Wenn man eine solche Summe nicht mit einer Bankkarte, sondern in „efectivo“, also bar, bezahlen würde, müsste man viele, sehr viele Scheine aus der Geldbörse ziehen: Der höchste verfügbare Geldschein in Mexiko hat einen Wert von 1000 Pesos, aber im normalen Geldverkehr ist er praktisch nicht vorhanden. Entweder können die Händler den Schein nicht wechseln, oder sie befürchten, dass es Falschgeld ist. Ich jedenfalls hab ihn selbst am Bankschalter nicht erhalten. Üblich sind vielmehr 500-, 200- und 100-Pesos-Geldscheine. Weniger wert, aber auch leichter zu wechseln.
Nun ist so ein 1000-Pesos-Geldschein für europäische Verhältnisse an sich auch nicht gerade viel wert. Der mexikanische Peso, der einstmals im Verhältnis 10:1 mit dem Euro getauscht wurde, hat die vergangenen Jahre eine Abwertung erfahren. Aktuell liegt der Umrechungskurs bei 21.5:1. Das heißt, ein Euro ist 21,5 Pesos wert. Umgekehrt reicht ein Peso für nicht mehr als 4 Cent in Euro-Währung.
Der Sternenzerstörer kostet einen mexikanischen Papá also umgerechnet 672 Euro. Das ist ungefähr auch der Verkaufspreis in Europa – nur dass 672 Euro eine Menge Geld in Mexiko darstellen: Dass Durchschnittseinkommen in Deutschland oder Frankreich liegt etwa fünf bis vier Mal so hoch ist wie im Land der Azteken und Mayas. Und in Mexiko liegt der gesetzliche Mindestlohn, das „Salario mínimo“, bei aktuell ca. 102 Pesos (im Norden, an der Grenze zu den USA, beträgt er 176 Pesos). Das sind umgerechnet 4,83 Euro. Am Tag. In Deutschland hingegen gilt ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn von 9,19 Euro. Die Stunde.
Nun ist das Einkommen in Mexiko natürlich von Job, Qualifikation, Standort und familiärem Hintergrund abhängig. Viele Menschen in Mexiko verdienen durchaus so viel wie auf europäischem Niveau. Sie wohnen in modernen Wohngebieten, können den Luxus der glitzernden Einkaufstempel nutzen, Europa besuchen, ihre Kinder auf Privatschulen schicken. Und Mexiko-Stadt ist für mexikanische Verhältnisse „teuer“, die Mieten hoch, die Löhne im Landesvergleich aber auch. Keiner gehe hier für den Salario mínimo arbeiten, meinte neulich ein befreundeter Unternehmer, er müsse schon das dreifache davon an seine Arbeiter zahlen.
Ein solches „Spielzeug“ für 14449 Pesos dürfte daher für nicht wenige Mexikaner mit Spieltrieb und dem Kind im Mann finanziell an sich kein Problem darstellen. Aber ein Streifenpolizist verdient Angaben im Internet zufolge nur rund 13.000 Pesos im Monat, ein Verkäufer zwischen 5500 und 10.000 Pesos. Und 41,9 Prozent der Bevölkerung gilt einer offiziellen Untersuchung zufolge als „arm“. Für diese Menschen dürfte der Sternenzerstörer leider nur ein Traum zum Anschauen bleiben. Aber wer weiß: Vielleicht taucht ja ein Retter der Galaxis in seinem X-Wing-Fighter auf. Und drückt zumindest im Traum den Preis des Kolosses nach unten. Miguel Castro
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