Um das Essen der Chilangos – der Hauptstadtbewohner – zu beschreiben, sind selbst 1000 Zeilen zu wenig. Fangen wir doch bei einem Grundelement an: Ohne Soßen geht nämlich nichts.

Grün oder Rot: Das ist nicht die Frage. Sie stellt sich erst gar nicht. Denn die grüne oder rote Soße, oder “Salsa”, wie die Mexikaner sagen, sind gleichberechtigte und praktisch identische Allzweckwaffen – egal ob mit Fleisch, Fisch, auf Maismehlfladen oder Weizentortillas, über Gemüse oder Reis. Ein mexikanisches Essen ohne diese kleinen Soßentässchen am Tisch? Völlig undenkbar.

Dabei wirken diese Soßen an sich gar nicht spektakulär: Egal was man in einem Restaurant bestellt, es gibt in der Regel zwei bis vier Plastik-, Keramik- oder Metallschalen dazu. Inhalt: eine rote, eine grüne, eine mehr dunklere oder hellere rote und einer mehr hellere oder dunklere grüne Soße. Der Unterschied: Eigentlich keiner. Die Gemeinsamkeit: Sie können im Mund brennen. Für Nicht-Mexikaner. Die eine mal mehr, die andere mal weniger. Also die Soßen.

Ohne Chilis geht nichts

Denn gemeinsam ist all diesen Salsas, dass in ihnen Chiles drinstecken, von denen je nach Menge und Art die Intensität der Schärfe abhängt. Dazu noch Salz, “Jitomates” – rote Tomaten – oder “Tomates” – grüne Tomaten -, Knoblauch und Zwiebeln. Das Ganze kommt in einen Mixer, bis es zermatscht ist, und manchmal dazu eine zerstampfte Avocado und Koriander. Fertig.

Welche Soße nun mehr schärfer ist oder nicht: Da hilft nur vorsichtiges Ausprobieren. Es ist übrigens vertane Liedesmühe, den Kellner oder die Köchin zu fragen, ob die Soße “pica”. Das bedeutet brennen (von “picar”). In aller Regel heißt die Antwort: “No, no pica”. Oder: “Un poquito”. Ein bisschen …

Wenn aber der Kellner schon vorab warnen sollte, dass die Soße brennt, sollte man diesen Warnhinweis auch ernst nehmen. Ich hab mal nach einem Essen mit leckerer, aber deutlich scharfer Soße noch länger mit einem Taubheitsgefühl im Mund gekämpft. Und neulich im Do-it-yourself-Stil munter mehrere Chiles in den Mixer geworfen. Eine hätte für eine ausreichende Schärfe auch gereicht.

Ein Chile ancho und eine europäische Paprika mit Zwiebeln und Knoblauch im Molcajete aus Vulkanstein

Also entweder ein Glas Wasser (oder besser Milch) griffbereit am Tisch haben – oder nach dem ersten Probierbissen noch mal herzhaft einen Löffel der Soße auf das Essen packen. Man gewöhnt sich dran.

Und ganz ehrlich: Sie sind ja auch nötig, die Salsa roja (rot) und verde (grün). Ohne schmeckt das Essen nur halb so gut, wie neulich eine mexikanische Bekannte sagte. Und da hilft dann nur Ausprobieren. Und sich daran gewöhnen.
Miguel Castro

Aktualisiert 16.6.2020